Sehr geehrte Mindjet-Community!
Das Schöne an einem neuen Projekt wie dem Mindjet.de Blog sind unter anderem die Premieren: Heute veröffentlicht zum ersten Mal ein Gastautor einen Artikel im deutschsprachigen Mindjet-Blog. Herr Günter Lange, M.A., hat sich bereit erklärt, aus seiner Praxis als Coach, Management Consultant und Wirtschaftsmediator zu berichten.
Herr Lange begann seine Karriere (Map im Zip-Format) als Industriekaufmann, studierte danach Betriebswirtschaftslehre sowie Statistik und arbeitete für Werbeagenturen und Verlage, für die Projekte eine übliche Organisationsform sind. Dabei erlebte er auch die Grenzen des ‘klassischen’ Projektmanagements: dass die Voraussetzungen für Projekterfolg nur sehr begrenzt mit dem ‘magischen Dreieck das PM’ (Leistung-Zeit-Kosten) gestaltet und erreicht werden kann. Bekannt, aber häufig ignoriert: Machbarkeit und Erfolg eines Projektes werden maßgeblich von der Psycho-Logik und Beziehungsgestaltung der Beteiligten und Betroffenen bestimmt. Diese grundlegende Erfahrung veranlasste Herrn Lange zusätzlich zum Studium der Organisationspsychologie und zu Ausbildung zum Transaktionsanalytiker und Wirtschaftsmediator.
Die Passion von Herrn Lange ist das Hochseesegeln, dem er als Mitglied der Segelkamaradschaft “Das Wappen von Bremen” frönt.
Ich danke Herrn Lange für seine Unterstützung und seinen wertvollen Beitrag zum Blog:
Das Phase-Null-Konzept
Was ich immer wieder erlebe, wenn ich als Projekt-Coach zu einem Gespräch eingeladen werde, weil wieder einmal ein Projekt notleidend geworden ist: spannende Stories, dass ja „eigentlich“ klar ist, woran’s liegt, die Schuldigen „eigentlich“ auch schon identifiziert sind und man eigentlich nur noch den Experten holt, eher so in der Rolle als Alibibeschaffer und Schiedsrichter. Enttäuschung, wenn ich sage, dass ich diese Rolle nicht übernehmen werde. Falsch oder richtig ist in dem Zusammenhang für mich nicht die Frage. Ich finde viel spannender herauszufinden, in welche Denkfallen die Gesprächspartner getappt sind, welche Interessen und Risiken sie nicht erkannt haben, wahrnehmen wollten oder auch bewusst ignoriert haben. Die Situationsbeschreibungen sind sehr spannende Geschichten, wenn darin nicht auch mehr oder minder deutlich die Interessen der Gesprächspartner enthalten wären. Mein Job ist, sie zu verstehen.
Dazu verschaffe ich mir innerlich Spiel- und Handlungsräume mit der Leitfrage: Kann’s auch anders (gewesen) sein? und ich mache mir im wahren Sinn des Wortes ein Bild. Das was ich von meinen Gesprächspartnern im Dialog lerne, visualisiere ich als Mindmap. In der Zwischenzeit kann ich gut damit leben, dass diese Form der Dokumentation irritiert, höre aber oft im Laufe der weiteren Gespräche, wie hilfreich es war, Wirkungszusammenhänge anders, besser wahrnehmen zu können. Abhängig von der Gesprächssituation und dem Konfliktniveau, das ich antreffe, entscheide ich, ob ich’s handschriftlich mache oder gleich den MindManager einsetze. Als Gefahr, die damit verbunden ist, gleich das Werkzeug einzusetzen, beobachte ich das oft sehr willkommene Verlagern der Aufmerksamkeit auf das Werkzeug, die Anwendung weg vom „eigentlichen Thema“. Unabhängig vom Inhalt geht es in jedem Fall um Menschen, Interessen, Kommunikation, Beziehungsgestaltung und Konflikte. Nichts Neues, werden Sie sagen. Stimmt!
Bei genauem Hinschauen wird fast immer deutlich, dass die aktuelle Krise die Folge von Denkfehlern und Entscheidungen aus der Vergangenheit ist, in der oft das Vorhaben noch nicht einmal das Etikett „Projekt“ trägt.
<Download Map> Das Phase-Null-Konzept (Zip-Format)
3 Fragen: Angenommen, Sie finden einen guten Weg, das Projekt erfolgreich abzuschließen: welchen Nutzen haben dann welche Interessenhalter und welche Fähigkeiten Ihres Unternehmens haben sie damit gestärkt? Dann wird’s oft blumig, schön allgemein, generalisierend…ich höre zu, frage, um zu verstehen, visualisiere die Aussagen. Und je länger wir darüber sprechen, umso deutlicher wird den Beteiligten, was sie inszeniert haben (…meistens eine unkomfortable Erkenntnis). Dabei arbeite ich mit mapbasierten Fragebögen, um eine ganzheitliche Sicht zu erleichtern. Diese Art der Erhebung ist bereits eine wirksame Intervention: die Fragen und die Art der Darstellung sind eine Attacke auf das bisherige Denken…
Komfortabler ist es, dann auf die üblichen Verdächtigen zurückzugreifen:
– unklare Anforderungen und Ziele
– fehlende Ressourcen
– Kompetenzrangeleien
– fehlende Unterstützung durch das Top-Management
– persönliche Konflikte
Braucht dieser Kunde vor diesem Hintergrund wirklich noch mehr Tools, Techniken, Methoden?
Oder muss endlich einmal Um-Denken in Sachen Projektmanagement auf der Agenda stehen?
Googeln Sie mal wieder rund um das Thema Projekte. Angenommen: die Anzahl der Seiten im Internet zu einem Suchbegriff sei ein Indikator für die praktische Bedeutung eines Themas, für das Handeln, werden Sie im Zusammenhang mit „Projekt“ und einem zweiten Begriff eine spannende Beobachtung machen, die das Dilemma erklärt.
Google, deutschsprachig 23.05.08:
Suchbegriff „Projekt“ plus
– Effizienz: ungefähr 1.630.000 Seiten (Annahme: Effizienz i.S.v. Die Dinge richtig tun)
– Werkzeuge: ca. 434.000 Seiten
– Effektivität: ca. 383.000 Seiten( Annahme: Effektivität i.S.v. Die richtigen Dinge tun)
– Risiko: ca. 369.000 Seiten
– Erfolgskriterien: ca. 103.000 Seiten
– Denkfallen: ca. 850 Seiten
– Interessenhalter: ca. 33 Seiten
Mindestens zwei Möglichkeiten diese „Statistik“ zu interpretieren:
1. Menschen mit ihren Interessen (professionellen und persönlich-private) sind es, die Projekte „machen“. Oft sind ihnen die angestrebten Auswirkungen, die Interessen der Interessenhalter, die Rahmenbedingungen unklar (was sie nicht daran hindert trotzdem so zu tun als ob…) Also eine Lernaufgabe zu Kommunikation und Vertrauen.
2. Projektmanagement wird immer noch wahrgenommen als Methode, Technik, Werkzeug und nicht als Führungs- und Organisationskonzept. Organisationen, speziell Führungskräfte, wissen oft zwar ganz viel über Projekte, machen sich aber unfähig, nach diesem Wissen auch zu handeln.
Das Phänomen heißt dann: Knowing-doing gap.
Die Auswirkungen beschrieb auch GRÖGER 2004 in der Studie „Projektmanagement: Abenteuer Wertevernichtung“ . Sein Fazit: nur 13 % der Projektarbeit in Deutschland trugen zur Wertsteigerung bei, 87 % sind danach als Wertevernichtung zu buchen.
Nur 43 % der Projektarbeit wurden als strategisch sinnvoll und nützlich bezeichnet. Nur knapp 31% der verfügbaren Projektarbeitszeit wurden produktiv genutzt…
Mein Fazit:
– Eine Mindmap ist ein ideales Arbeitsmittel, sich und anderen das eigene Denken transparent zu machen.
– Führungskräfte müssen konkret lernen, was es bedeutet Projektauftrageber zu sein: Aufgabe, Kompetenz, Verantwortung und Rolle.
– Partizipation der Interessenhalter ist der Schlüssel zum Projekterfolg.
– MindManager ist das ideale Instrument, Gedanken sichtbar und damit kommunizierbar zu machen.
– MindMapping leistet als Denkwerkzeug einen wichtigen Beitrag zur Konfliktprävention und damit auch zum Reduzieren von Konfliktkosten (die selten in Projekten in der Budgetschätzung noch in der Nachkalkulation bewertet werden).